Geldwäschereirechtliche Behandlung von Gutscheinen in der Schweiz

In diesem Artikel

Ausgangslage

Am 14. November 2025 hat der Verein zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen (VQF), welcher unter anderem Finanzintermediäre beaufsichtigt, über eine verschärfte Auslegungspraxis der FINMA zur Distribution von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen informiert. Neu kann nicht nur die Herausgabe solcher Geschenkkarten bzw. Gutscheine im Dreiparteienverhältnis, sondern auch bereits deren Vertrieb unter das Geldwäschereigesetz (GwG) fallen.

Gesamthaft lässt sich feststellen, dass Geschenkkarten und Gutscheinmodelle stärker in den Fokus der FINMA gerückt sind. Wir empfehlen Ihnen, zu prüfen, ob die von Ihnen herausgegebenen oder vertriebenen Geschenkkarten bzw. Gutscheine in den Anwendungsbereich des Geldwäschereigesetzes (GwG) fallen könnten.

Vorab ist zwischen der Herausgabe und der Distribution von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen zu unterscheiden.

Herausgabe von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen

Gemäss Art. 2 Abs. 3 lit. b GwG gelten Personen, die Dienstleistungen für den Zahlungsverkehr erbringen, namentlich für Dritte elektronische Überweisungen vornehmen oder Zahlungsmittel wie Kreditkarten und Reiseschecks ausgeben oder verwalten, als Finanzintermediäre.

Mit Blick auf Zahlungsmittel weist die FINMA darauf hin, dass im Schweizer Recht keine abschliessende Liste der Zahlungsmittel existiere. Die Ausgabe von Zahlungsmitteln untersteht dann dem GwG, wenn die Herausgeberin und die Benutzer des Zahlungsmittels nicht identisch sind (Dreiparteienverhältnis). Ist beispielsweise die Herausgeberin der Geschenkkarte bzw. des Gutscheins auch die Verkäuferin einer Ware, für dessen Bezahlung das Zahlungsmittel eingesetzt wird, so liegt ein gewöhnliches Zweiparteienverhältnis vor und die Herausgeberin ist keine Finanzintermediärin.2 Geschenkkarten, Gutscheine, Apps, etc., mit denen bezahlt werden kann, fallen unter den Begriff der Zahlungsmittel.

Auch sog. Zahlungssysteme, welche entweder das Zugreifen auf ein aufgrund einer Datenspeicherung verfügbares Guthaben (wiederaufladbarer E-Money-Datenträger, Debitkarten) oder das Speichern einer Schuld, welche anschliessend vom Betreiber des Zahlungssystems in Rechnung gestellt wird (Kreditkarten, Warenhauskarten in Dreiparteienverhältnissen usw.), ermöglichen, fallen in den Anwendungsbereich des GwG, wenn es sich um Dreiparteienverhältnisse handelt.3

Herausgeber von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen oder Betreiber von Plattformen müssen somit prüfen, ob sie in den Anwendungsbereich des GwG fallen. Dabei kann es sich z.B. um Gutscheine bzw. Geschenkkarten handeln, welche beispielsweise von einer Plattform, einem Einkaufscenter oder einer Stadtvereinigung herausgegeben und bei verschiedenen Händlern eingesetzt werden können. 4

Im Falle einer GwG-Unterstellung schreibt das GwG für die Herausgeberin solcher Geschenkkarten bzw. Gutscheine den Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation (SRO) sowie die Einhaltung bestimmter Sorgfaltspflichten vor, sofern die Schwellenwerte für die berufsmässige Ausübung (Art. 7 GwV) erreicht sind und keine Ausnahmebestimmungen gemäss GwG bzw. den dazugehörigen Verordnungen (insbesondere Art. 2 GwV) geltend gemacht werden können. 5

Distribution von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen

Mit der erwähnten Präzisierung definiert die FINMA erstmals, dass auch Distributoren (Verkäufer oder Vermittler) von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen als Finanzintermediäre unter das GwG fallen können.

Die Differenzierung zwischen Zweiparteien- und Dreiparteienverhältnis nimmt die FINMA auch im Bereich der Distribution von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen vor. Der « Verkauf» von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen, die nur bei der Herausgeberin eingesetzt werden können (Zweiparteienverhältnis), soll nicht in den Anwendungsbereich des GwG fallen.1 Allerdings ist nicht vollständig klar, ob durch diese in den SRO-Newslettern publizierte Auslegungsänderung der FINMA nun sowohl der Verkauf als auch die Vermittlung von Zweiparteien-Guthabenkarten vom Anwendungsbereich des GwG ausgenommen sein sollen oder ob dies ausschliesslich für das Verkaufsmodell (Kettengeschäft) gelten soll. 

Die Distribution (der Vertrieb) von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen, welche bei einem Dritten eingesetzt werden können (Dreiparteienverhältnis) sollen gemäss FINMA-Auslegungspraxis grundsätzlich vom GwG erfasst sein, soweit keine Ausnahme greift. Diese Unterstellung gilt sowohl für den Verkauf in eigenem Namen und auf eigene Rechnung (Verkaufsmodell) als auch bei der Vermittlung (im Namen und auf Rechnung der Herausgeberin).

Der Distributor muss sich einer SRO anschliessen, wenn die Distribution berufsmässig (Art. 7 GwV) erfolgt und er keine Ausnahme (wie z.B. die Hilfspersonenausnahme) geltend machen kann. Damit sich der Distributor auf die Hilfspersonenausnahme stützen kann, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein und es ist diesbezüglich ein schriftlicher Vertrag mit dem Herausgeber abzuschliessen. 7

Falls eine GwG-Unterstellung vorliegt, setzt die FINMA eine Frist bis am 31.12.2025 um ein Anschlussgesuch bei einer SRO zu stellen. 1

Diese Praxisänderung kann Distributoren von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen betreffen. Da in der Regel das Vermittlermodell angewendet wird und verkaufte Geschenkkarten bzw. Gutscheine mit eingelösten Geschenkkarten bzw. Gutscheine abgerechnet werden, ist zu prüfen, ob die Schwellenwerte für die berufsmässige Ausübung erreicht werden und falls ja, ob die Voraussetzungen für das Geltendmachen der Hilfspersonenausnahme gegeben sind.


Berufsmässigkeit

Entscheidend ist neben der Ausgestaltung des Modells, die berufsmässige Tätigkeit. Herausgeber sowie Distributoren von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen im Dreiparteienverhältnis haben demzufolge verschiedene Faktoren zur Berufsmässigkeit zu prüfen, um festzustellen, ob eine GwG-Unterstellung vorliegt.

Die Geldwäschereiverordnung (GwV) legt für das Vorliegen einer Berufmässigkeit folgende Kriterien fest: 6

Damit pro Kalenderjahr einen Bruttoerlös von mehr als 50 000 Franken erzielt;

Als massgebend erachten wir den Bruttoerlös aus dem Gutscheinmodell.

Herausgeberin: Ertrag durch ausgebuchte Geschenkkarten bzw. Gutscheine sowie Kommissionseinnahmen pro Kalenderjahr. 

Distribution: Provisionseinnahmen, sowie weitere mit der Distribution zusammenhängende Erträge pro Kalenderjahr.


Pro Kalenderjahr mit mehr als 20 Vertragsparteien Geschäftsbeziehungen aufnimmt, die sich nicht auf eine einmalige Tätigkeit beschränken, oder pro Kalenderjahr mindestens 20 solche Beziehungen unterhält;

Bei der Herausgabe von Geschenkkarten bzw. Gutscheinen kann in der Regel von einmaligen Geschäften ausgegangen werden. Auf eine dauernde Geschäftsbeziehung könnten beispielsweise B2B-Rahmenverträge hindeuten.

Sofern aufladbare Gutscheinkarten angeboten werden, geht die gängige Meinung davon aus, dass bei Aufladungen eine dauernde Geschäftsbeziehung vorliegt.

Dieses Kriterium ist bei der Distributorin nicht relevant.


Unbefristete Verfügungsmacht über fremde Vermögenswerte hat, die zu einem beliebigen Zeitpunkt 5 Millionen Franken überschreiten;

HerausgeberinDiese Bedingung gilt in der Regel als erfüllt, sobald der buchhalterische Wert sämtlicher sich im Umlauf befindlichen Geschenkgutscheine die Schwelle von 5 Millionen Franken überschreitet.

Dieses Kriterium ist bei der Distributorin nicht relevant.


Transaktionen durchführt, deren Gesamtvolumen 2 Millionen Franken pro Kalenderjahr überschreitet.

Herausgeberin: Umsatz, der durch die Einlösung der entsprechenden Geschenkkarten bzw. Gutscheine innerhalb eines Kalenderjahres generiert wird, ist relevant.

Distributorin: Umsatz aus dem Verkauf der Geschenkkarten bzw. Gutscheine pro Kalenderjahr ist relevant.


Wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zutrifft, liegt nach aktueller Auffassung der FINMA eine GwG-Unterstellung vor und eine Anschlusspflicht an eine SRO wird verlangt. Insbesondere aufladbare Geschenk- bzw. Gutscheinkarten im Dreiparteienverhältnis können zu einer GwG-Unterstellung führen.

Die FINMA publiziert eine Liste der anerkannten SRO. Bei Vorliegen einer GwG-Unterstellung und einer SRO-Anschlusspflicht empfehlen wir Ihnen Kontakt und Beitrittsabklärungen mit einer branchenübergreifenden SRO wie VQF, PolyReg oder ARIF aufzunehmen.

Individuelle Beurteilung erforderlich

Ob für Herausgeber oder Distributoren eines Gutscheins eine GwG-Unterstellung vorliegt, muss stets im Einzelfall beurteilt werden. Prüfen Sie Ihr Gutschein- und Geschäftsmodell regelmässig auf die aufgeführten Bedingungen und prüfen Sie nötigenfalls einen Anschluss an eine SRO.

Falls Sie Fragen haben, kontaktieren Sie uns bitte. Wir beantworten Ihre Fragen soweit möglich, können aber keine rechtsverbindlichen Auskünfte tätigen. Im Zweifelsfall können wir den Kontakt zu ausgewiesenen Fachpersonen im Bereich Finanzmarktaufsicht und Geldwäschereirecht herstellen.


Quellen

1 Verein zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen VQF; Newsletter 1058: FINMA-Auslegungspraxis: Vertrieb von Gutscheinkarten – Unterstellungspflicht bis Ende 2025.
2 FINMA; Rundschreiben 2011/1, Tätigkeit als Finanzintermediär nach GwG, Rz 63 f.
3 FINMA; Rundschreiben 2011/1, Tätigkeit als Finanzintermediär nach GwG, Rz 64 f.
4 vgl. dazu auch den Beitrag von Cornelia Stengel / Lea Ruckstuhl / Jessica Sommer, Geldwäschereirechtliche Aspekte der Herausgabe und Distribution von Guthaben- und Geschenkkarten, in: Jusletter 1. Dezember 2025.
5 Art. 3 ff. und Art. 14 Bundesgesetz über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (GwG) sowie Art. 2 und Art. 7 Geldwäschereiverordnung (GwV)
6 Art. 7 Verordnung über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (GwV)
7 Art. 2 Abs. 2 Bst. b Verordnung über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (GwV)

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